Gem. § 17 der Strafvollstreckungsordnung hat jedoch die Vollstreckungsbehörde ein Ermessen, zu entscheiden, „ob und inwieweit es angezeigt ist, von der Vollstreckung vorläufig abzusehen“. Damit kann die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde entweder ganz oder auch nur teilweise von der Vollstreckung absehen.
Nach § 17 Abs. 2 Strafvollstreckungsordnung hat die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, dass von der Vollstreckung nicht abgesehen wird, wenn die Persönlichkeit des Verurteilten oder die Art und Umstände seiner Straftaten dies angebracht erscheinen lassen.
Als Argumente für eine frühzeitige Anwendung des § 456a StPO sind zu erwähnen:
- es gibt in der Regel für verurteilte Ausländer keine Vollzugslockerungen (Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz, Nr. 5 und 6 zu § 11 Strafvollzugsgesetzes). Das heißt, sie nehmen an Arbeiten auf dem Gelände der JVA in der Regel nicht teil, können Ausbildungen im Vollzug nicht absolvieren, erhalten weder Ausführungen noch Ausgang und können so gut wie nie in den offenen Vollzug.
- da den ausländischen Verurteilten keine Angehörigen besuchen können, ist er in aller Regel strafempfindlicher als andere (OLG Celle, StV 1981, 407 ff).
Ziel des § 456a StPO war es, einen straffällig gewordenen Ausländern sobald wie möglich in sein Heimatland zu verbringen, damit er dort wieder integriert leben kann. Bezweckt war auch, den Justizvollzugsanstalten den schwierigen Strafvollzug mit Ausländern weitgehend zu ersparen (OLG Düsseldorf, MDR 1991, 889).
Ebenso deutlich ist jedoch auf die Konsequenzen bei einer Anwendung des § 456 a StPO hinzuweisen. Im § 456a Abs. 2 StPO ist geregelt, dass bei Rückkehr in das Bundesgebiet die Verbüßung der Strafe nachgeholt wird. In der Regel ordnet die Vollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft) gleichzeitig mit dem Absehen von der Strafvollstreckung die Nachholung für den Fall an, dass der Ausgewiesene oder Ausgelieferte zurückkehrt. Gleichzeitig muss der Betroffene jedoch auch über diese Konsequenzen ausreichend belehrt werden.
Kehrt ein Verurteilter zurück, so wird er aufgrund des beim Absehen von der Vollstreckung erlassenen Haftbefehls verhaftet und einer JVA zugeführt. Einwendungen gegen die erneute Strafvollstreckung sind in solchen Fällen nur ausnahmsweise möglich (z. B. Flucht aus Bosnien wegen Bürgerkrieges, politische Verfolgung, etc).
2. Ersuchen und Vollstreckung der in Deutschland verhängten Strafe im Heimatland des Mandanten.Nach einem rechtskräftigen Urteil sehen viele Ausländer für sich in Deutschland keine Perspektive mehr. Schnell gelangt man dann an den Punkt, an dem man beschließt, nach der Haft einen Neuanfang im Heimatland zu beginnen. Aber warum sollte man die Strafe dann in Deutschland, fern von Familie und Bekannten verbüßen. Gibt es eine Möglichkeit die Strafe in der Heimat zu verbüßen?Auch hierzu bieten sich Möglichkeiten, durch entsprechende Anträge auf „Vollstreckungshilfe“. Dabei sind grundsätzlich zwei mögliche Wege zu unterscheiden. Zum einen ist zu prüfen, ob es zwischen der Bundesrepublik und dem jeweiligen Staat entsprechende völkerrechtliche Übereinkommen (Überstellungsübereinkommen) gibt. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist zu prüfen, ob der Weg über des IRG (Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen) eröffnet ist. Dann, aber auch nur dann, gilt für die Vollstreckungshilfe im Inland der § 71 IRG. Ratifizierte Überstellungsübereinkommen bestehen unter anderem mit Frankreich, Dänemark, Griechenland, Türkei, den Niederlanden, Spanien, Großbritannien, USA, Italien, Österreich, der Schweiz, Schweden, Finnland, Luxemburg, Malta, Zypern, Tschechien sowie der Slowakei. In den Fällen, in denen ein Überstellungsübereinkommen vorhanden ist, ist die Überstellung eines ausländischen Gefangenen in sein Heimatland durch ein einfaches, schnelles (bis zu 6 Monate) und flexibles Verfahren möglich.
Ziel ist in jedem Fall die Förderung der gesellschaftliche Wiedereingliederung von Straftätern, die sonst in Deutschland durch Sprachbarrieren, Entfremdung von der heimatlichen Kultur sowie fehlenden Kontakte zu Familienangehörigen und fehlende Genehmigung von Lockerungen behindert würde.